Rechtstipp
Die Uhr tickt: Arbeitszeiterfassung ist schon Pflicht
Ansprechpartner*in
Gregor Schwarz


Die meisten Journalist*innen lieben ihren Job und arbeiten daher gerne mal länger. Oft auch (viel) länger, als sie laut Arbeitsvertrag eigentlich müssten. Um aber überhaupt Überstunden abzubauen oder ausbezahlt bekommen zu können, ist es essenziell zu wissen, wieviel man eigentlich arbeitet.
Schon im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass alle EU-Staaten eine gesetzliche Regelung zur systematischen Arbeitszeiterfassung einführen müssen. Mit der Umsetzung dieses Gesetzes hat sich die Bundesregierung allerdings bis heute Zeit gelassen: Zwar gibt es seit Frühjahr 2023 einen Gesetzentwurf, der gleich auch eine Pflicht zur elektronischen Erfassung enthält, doch bis heute wird über dieses Gesetz politisch gerungen. Ein Ende ist, gerade auch wegen der anstehenden Bundestagswahl, nicht in Sicht. Auch wenn in vielen Betrieben Arbeitszeiterfassung schon lange zum Standard gehört, drücken sich gerade im journalistischen Bereich noch einige Arbeitgeber darum. Als fadenscheinige Begründung wird dabei oft auf eine angeblich noch unklare Rechtslage verwiesen.
Wir warten da noch auf ein Gesetz…
Zu Unrecht: Schon im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG – 1 ABR 22/21) verbindlich entschieden, dass Arbeitgeber schon jetzt aus Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes dazu verpflichtet sind, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen und auch konkret davon Gebrauch zu machen. Das „System“ muss dabei nicht zwingend elektronisch sein, es reicht z.B. auch eine Excel-Tabelle zum Selbstausfüllen. Wichtig ist nur, dass der Beginn, die Dauer und das Ende der Arbeitszeit erfasst werden, um die Einhaltung der täglichen Höchstarbeitsdauer und der Pausenzeiten kontrollieren zu können. Denn im Arbeitszeitgesetz ist klar geregelt, dass ein regulärer Arbeitstag maximal acht Stunden umfassen und lediglich in Ausnahmefällen in einem begrenzten Zeitraum auf zehn Stunden ausgedehnt werden darf. Spätestens nach sechs Stunden Arbeit muss eine Pause gewährt werden.
Wenn es mal wieder länger dauert…
Bis Mitternacht beim Gemeinderat oder auf einer Kulturveranstaltung unterwegs, am nächsten Morgen pünktlich um 9:00 zur Redaktionskonferenz? Was in vielen Redaktionen durchaus normal sein dürfte, ist arbeitsrechtlich schlichtweg verboten. Denn: Zwischen zwei „Schichten“ müssen immer mindestens elf Stunden Ruhezeit liegen (im Rundfunk ausnahmsweise nur zehn Stunden). Verstöße des Arbeitgebers gegen diese Vorschriften können bei der externen Meldestelle des Bundesjustizministeriums angezeigt werden (auch anonym) und dann Bußgelder im fünfstelligen Bereich nach sich ziehen. Ein Verstoß gegen Arbeitszeitgesetze ist also kein Kavaliersdelikt.
Und wenn der Chef nicht will…
Mitarbeitende, bei denen noch keine Arbeitszeiterfassung eingeführt wurde, sollten diese konkret beim Arbeitgeber einfordern. Sollte er sich weigern, helfen die Jurist*innen in den Landesverbänden DJV-Mitgliedern gerne bei der Durchsetzung. Auch der Betriebs- oder Personalrat kann hier ein Ansprechpartner sein, der zumindest bei der Einführung elektronischer Systeme ohnehin ein Mitbestimmungsrecht hat. Auch hier unterstützt der DJV seine Mitglieder gerne.