Rechtstipp
Abmahnwelle wegen angeblichem Datenschutzverstoß bei Nutzung von Google Fonts
Ansprechpartner*in
Gregor Schwarz
Kann mir rechtlicher Ärger drohen, weil ich eine Schriftart aus "Google Fonts" genutzt habe?
Seit Anfang dieser Woche erhalten viele Webseitenbetreiber, darunter auch einige (freie) Journalist*innen, Abmahnungen von einem Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin bzw. einer Kanzlei RAAG, die angeblich einen Herrn „Martin Ismail“ oder im zweiten Fall einen Herrn „Wang Yu“ vertreten. In den Anwaltsschreiben wird den Webseitenbetreibern vorgeworfen, dass auf der Webseite „Google Fonts“ verwendet würde und dabei die IP-Adresse und weitere Daten der Herren, die angeblich die Webseite besucht haben sollen, an Google übertragen wurden.
Google Fonts ist ein interaktives Verzeichnis von über 1.400 Schriftarten, die Google zur freien Verfügung bereitstellt. Jeder kann sie also frei für seine Webseite verwenden, ohne dass dafür Lizenzgebühren fällig werden. Doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail:
Google Fonts biete nämlich an, diese Schriftarten für die Webseite zu nutzen, ohne dass sie auf den eigenen Server hochgeladen werden müssen. Vielmehr werden beim Aufruf der Seite durch einen Benutzer die Schriften über einen Google-Server nachgeladen. Dies aber bewirkt, dass Daten an Google übertragen werden – ein Verstoß gegen die DSGVO, so das Urteil des Landgerichts München I (Az. 3 O 17493/20). Denn der Einsatz der Schriftarten sei auch möglich, ohne dass eine Verbindung von Besuchern zu Google Servern hergestellt werden muss. Die Weitergabe der IP-Adresse und der damit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht seien so erheblich, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.
Sollten Sie also von einer solchen Abmahnung betroffen sein, heißt es erstmal: Ruhe bewahren! Prüfen Sie, ob auf Ihrer Webseite Google Fonts überhaupt eingesetzt werden und bringen Sie die Nutzung ggf. in Einklang mit der DSGVO. Wir das konkret funktioniert, ist in verschiedenen Internetforen für die jeweiligen Webseiten-Programme beschrieben. Für das häufig verwendet System Wordpress gibt es z.B. schon ein Plugin zum kostenlosen Download, das die Einbindung von Google Fonts auf der Webseite rückgängig macht:
de.wordpress.org/plugins/disable-remove-google-fonts/
Auf die Anwaltsschreiben sollte zunächst nicht reagiert und das das darin geforderte Schmerzensgeld von ca. 200 Euro nicht bezahlt werden. Denn: Obwohl die Einbindung von Google Fonts tatsächlich teilweise einen Datenschutzverstoß darstellen kann, dürfte es sich bei der Abmahnwelle um eine Betrugsmasche handeln. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass die angeblichen Mandanten der Kanzleien tatsächlich die jeweiligen Webseiten besucht haben. Vielmehr dürften hier sog. Crawler-Software zum Einsatz gekommen sein, die vermeintliche Verstöße automatisch feststellt. Auch bestehen erhebliche Zweifel an der rechtlichen Begründung und der Höhe der Zahlungsforderungen.
Weitere Infos zu dem Thema gibt es z.B. hier:
www.anwalt.de/rechtstipps/update-ra-kilian-lenard-auftrag-martin-ismail-wg-angeblicher-persoenlichkeitsrechtsverletzung-204541.html
www.anwalt.de/rechtstipps/raag-kanzlei-google-fonts-und-die-dsgvo-abmahnung-204920.html
www.e-recht24.de/google-fonts-scanner
DJV-Mitglieder können Sich bei weiteren Fragen zum Thema gerne an uns wenden.