Feierliche Enthüllung
Gedenktafeln und Stolperstein für Max Rosenfeld im Stuttgarter Herdweg
Stolperstein für Max Rosenfeld im Herdweg 63
Foto: Maria Ebert
Am 30.10.2024 wurden vor dem Gebäude der DJV-Geschäftsstelle ein "Stolperstein" und eine Gedenktafel für den jüdischen Tabakhändler und Kunstsammler Max Rosenfeld, dessen Villa einst auf dem Grundstück des heutigen ZDF-Landesstudios stand, enthüllt. Unser Mitglied Maria Ebert erläutert die Hintergründe.
Die Geschäftsstelle des DJV Baden-Württemberg, seit Jahrzehnten im Stuttgarter Herdweg 63 ansässig, hat Ende Oktober 2024 eine historische Aufwertung erfahren: Die Provenienzforschung des Stuttgarter Kunstmuseums förderte zutage, dass das 1954 vom Architekten Rolf Gutbier (1903–1992) für den Medizinverlag Thieme errichtete Bürogebäude auf den Mauern einer 1912 bezugsfertigen Jugendstil-Villa steht. Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie bei Luftangriffen auf Stuttgart zerstört. Die ursprüngliche Villa gehörte dem jüdischen Tabakhändler und Kunstsammler Max Rosenfeld (1867–1943), der hier bis 1929 mit seiner Familie lebte und den Ort – insbesondere in den 1920er-Jahren – zu einem kulturellen Zentrum für das Stuttgarter Großbürgertum machte.
Generationen von DJV-Mitgliedern fragten in Seminar- oder Sitzungspausen, weshalb sich um die Immobilie, in der sich seit Beginn der 1980er-Jahre das ZDF Landesstudio befindet, eine aufwändig gestaltete Mauer zieht. Die Mauer, auch von Architektur-Laien unschwer in die Vorkriegszeit zu verorten, war das eine Rätsel, der Garten mit dem alten Baumbestand und dem fantastischen Ausblick in den Talkessel das andere.
Seit dem 30. Oktober 2024 können sich Besucher:innen und Passant:innen über die kulturhistorische Bedeutung des Ortes auf zwei am Zaun angebrachten Gedenktafeln informieren: Die zwischen 1909 und 1912 gebaute Rosenfeld-Villa wurde vom Maler und Architekten Bernhard Pankok (1872–1943) entworfen. In den Architektur- und Designzeitschriften der Zeit wird sie als „Kabinettstück der Innenraumkunst“ gefeiert, denn das Gebäude ist mit seinem Wandschmuck, den Leuchten und dem Mobiliar ein Gesamtkunstwerk. Neben der Rosenfeld-Kunstsammlung, zu der bedeutende Gemälde, Grafiken und Skulpturen gehörten, begeisterte der großzügige Tanzsaal Besucher:innen aus dem In- und Ausland.
Nahezu zeitgleich mit den Tafeln wurde von der Stuttgarter Stolperstein-Initiative vor dem Tor ein kürzlich von Gunter Demnig verlegter Stolperstein enthüllt, der daran erinnert, dass die Adresse Herdweg 63 der letzte frei gewählte Wohnort des Unternehmers Max Rosenfeld gewesen ist. Rosenfeld floh 1939 vor den Nationalsozialisten nach Amsterdam, konnte ihnen jedoch auch dort nicht entkommen und wurde am 18. März 1943 als „staatenloser Jude“ im Durchgangslager Westerbork ermordet. Seine Frau Martha war bereits 1928 im Alter von 55 Jahren gestorben, sein ältester Sohn 1927 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Überlebt hat nur sein zweiter Sohn Paul Georg Rosenfeld, der mit seiner Frau Grete und der im Juni 1938 geborenen Tochter Martha Louise Rosenfeld nach New York emigrieren konnte.
Unter den Nachkommen von Max Rosenfeld, die zur Stolperstein-Verlegung und Enthüllung der Info-Tafeln nach Stuttgart gekommen sind, war die in Kalifornien lebende Jill Hollenbach, deren Mutter Martha Louise 1938 in der Rosenfeld-Villa geboren wurde. Sie berichtete gemeinsam mit ihrem Cousin Jeffrey Ronald von den Fluchterfahrungen ihrer Familie: „Die Familie Rosenfeld“, so der heute in Philadelphia lebende US-Bürger Ronald, „lässt sich in Stuttgart 200 Jahre zurückverfolgen. Wir sind Stuttgarter, und wir sind stolz darauf.“ Die scheidende Leiterin des ZDF-Landesstudios Baden-Württemberg, Eva Schiller, versicherte, das ZDF werde die Erinnerung an das düstere Kapitel deutscher Geschichte wachhalten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei, so Schiller, die künftig das ZDF-Landesstudio Bayern leitet, der Demokratie verpflichtet und wolle dazu beitragen, „die Geschichte der Familie Rosenfeld zu bewahren“.